Konjunktur Umfrage Fragebogen
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Pressemitteilung Nr. 50 vom 31.10.2018Handwerkskammer Düsseldorf stellt Herbstgutachten vor

Handwerk fährt vorerst weiter Volldampf - Sorge um Kosten expansiver Sozialpolitik
Zweitbestes Geschäftsklima seit Beginn der Messung vor 45 Jahren - Prognose: 3% Wachstum und 0,5 % Beschäftigungs-Plus

Auch im Herbst 2018 verdient die wirtschaftliche Lage des Handwerks im Kammerbezirk Düsseldorf das Prädikat "hervorragend". 63 Prozent der Firmen berichten über eine gute Geschäftslage. Das Geschäftsklima ging zwar leicht von 136 auf 130 Punkte zurück. Auch dieser Wert ist jedoch der zweithöchste je gemessene, gab die HWK am Mittwoch auf Basis einer repräsentativen Betriebsumfrage (1.295 Antworten) bekannt. Der leichte Rückgang ist der Zurückhaltung geschuldet, mit der die Betriebe in die Zukunft blicken: Auch im Handwerk fallen nach Jahren des Booms die Erwartungen inzwischen etwas gedämpfter aus. Einige Konjunkturforschungsinstitute hatten zuletzt schon ihre Wachstumsprognosen für 2018 und 2019 leicht nach unten korrigiert. Dafür machten sie vor allem gestiegene außenwirtschaftliche Risiken verantwortlich. Transatlantische Handelskonflikte oder die Unwägbarkeiten des Brexits betreffen das Handwerk allerdings nur zu einem kleinen Teil direkt; die meisten Gewerke hängen vorrangig an der Binnenkonjunktur.

Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf, die die größte Industrienähe und Exportorientierung aufweisen, verzeichnen wegen stark gedämpfter Erwartungen bei weiterhin hervorragender Lageeinschätzung einen überdurchschnittlichen Rückgang des Geschäftsklimas um zehn Prozentpunkte auf nunmehr 126. Noch stärker trifft das Kfz-Gewerbe die Verunsicherung über die weitere Entwicklung. Nur noch 26 Prozent der Werkstatt- und Autohandelsunternehmen erwartet in den kommenden sechs Monaten Umsatzsteigerungen; im Frühjahr hatten noch 47 % Zuwächse prognostiziert. Hinter der in der Öffentlichkeit stark diskutierten Diesel-Problematik stellen sich hier auch grundsätzliche Fragen der künftigen Marktentwicklung - so im Verhältnis zwischen Herstellern und Händlern oder in hinsichtlich der Frage, ob das Service- und Wartungsgeschäft im Zuge der Digitalisierung der Fahrzeugtechnik und der Elektrifizierung der Antriebe zulasten der Werkstätten stärker in die Hand der Hersteller gerät. Noch stärker unter Druck scheinen derzeit die Gesundheitshandwerke zu stehen, bei denen nicht nur die Zukunftserwartungen eingetrübt sind, sondern auch die aktuellen Lageeinschätzungen gegenüber der Frühjahrsumfrage sich verschlechtert haben. Im Bauhauptgewerbe hat die anhaltende Sommerhitze die Bautätigkeit etwas verlangsamt und damit den hochtourig fahrenden Konjunkturzug vorübergehend leicht eingebremst. Gegen den Trend ein verbessertes Geschäftsklima weisen die personenbezogenen Dienstleistungen auf - allerdings von einem niedrigen Ausgangsniveau.

Konkret nach der Entwicklung des Umsatzes und der Auftragsbestände gefragt, fällt der Rückgang gegenüber der Frühjahrsumfrage durchweg geringer als bei der Angabe zum Geschäftsklima aus. Auch hier weisen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf und das Kfz-Gewerbe die negativste Trendentwicklung auf. Dagegen haben neben den personenbezogenen Dienstleistungen auch das Lebensmittelgewerbe und das Bauhauptgewerbe beim Umsatzklima noch einmal zugelegt. Insgesamt zeichnen die beiden Konjunkturumfragen von Frühjahr und Herbst ein weiterhin sehr erfreuliches Bild von der wirtschaftlichen Lage der Branche; auch in regionaler Betrachtung: Das Geschäftsklima in den Teilräumen Linker Niederrhein, Düsseldorf mit Umland, Ruhr-West und Bergisches Land differiert nur um einen Prozentpunkt. Auch die bisher vorliegenden Ergebnisse der vierteljährlichen Handwerksberichterstattung lassen auf eine sehr positive Umsatzentwicklung im laufenden Jahr schließen. Präsident Andreas Ehlert definierte seine Erwartungen: "Letzten Endes dürfte die Jahresbilanz etwas schwächer als in 2017 ausfallen, aber ein nominales Wachstum um drei Prozentpunkte ist gut erreichbar."

Etwas weniger optimistisch sollte man bezüglich der Beschäftigungsentwicklung sein. Zwar bleibt das Beschäftigungsklima von 108 Punkten stabil und positiv, es hat sich aber ausgerechnet in den beschäftigungsintensiven Gewerken für den gewerblichen Bedarf und im Lebensmittelgewerbe eingetrübt. Markant ist, dass ein Drittel der Betriebe - so viele wie noch nie in früheren Umfragen - offene Stellen meldet. Die gute Umsatz- und Auftragslage findet ihren Niederschlag vor allem in langen Auftragsreichweiten: Die Auslastung stieg noch einmal von ohnehin hohen 79 auf nun 84 Prozent, die Auftragsreichweite stieg durchschnittlich von 7,7 auf 8,3 Wochen. Das betrifft insbesondere das Bauhauptgewerbe und das Ausbaugewerbe. Kammerpräsident Ehlert: "Viele Betriebe weiten die Kapazitäten nicht aus, weil es an geeigneten Bewerbern für Ausbildungsstellen und Fachkräftepositionen mangelt. Zu vielen jungen Menschen ist nicht klar, welche Karriereperspektiven sie sich im Handwerk entgehen lassen." Immerhin: im dritten Jahr in Folge gelang dem Wirtschaftsbereich an Rhein, Ruhr und Wupper ein leichter Zuwachs an neuen Lehrlingen um 0,4 Prozent, "zunehmend aus den Gymnasien", betonte Ehlert. Am ehesten möglich ist ein Aufbau von Beschäftigung im Handwerk nach derzeitigem Stand in den Gewerken Elektrotechnik, Sanitär-Heizung-Klima, Feinwerkmechanik und Orthopädietechnik - allesamt Branchen, die in besonderem Maße von der Digitalisierung profitieren und neue technische Lösungen am Markt etablieren können. Realistisch ist eine Zunahme der Beschäftigung in diesen Gewerken um bis zu 0,5 Prozentpunkte.

Weiterhin dynamisch entwickeln sich die Verkaufspreise. Der Index stieg noch einmal um fünf auf jetzt 127 Punkte an. Die höchste Dynamik herrscht weiterhin, allerdings auf leicht sinkendem Niveau, im Lebensmittelgewerbe vor. Das Bauhauptgewerbe und das Ausbaugewerbe haben bei der Verkaufspreisentwicklung kräftig aufgeholt. Es fehlt für den Straßen- oder Wohnungsbau allerdings nicht nur an Planungs- und Genehmigungs-, sondern verstärkt auch an Umsetzungskapazitäten. Ehlert stellte dazu fest: "Wenn es nicht nur an Bauingenieuren, sondern auch an Baggerfahrern mangelt, sind der Wirksamkeit der aktuell diskutierten baupolitischen Instrumente enge Grenzen gesetzt. Priorität müssen Maßnahmen zum Abbau kostentreibender Bürokratie und zur Erschließung von Bauland haben." Am problematischsten ist die Verkaufspreisentwicklung aus Sicht der Betriebe derzeit im Gesundheitsgewerbe, wo es erstmals seit fünf Jahren einen Überhang an Rückmeldungen über rückläufige Umsätze gab (40 Prozent; gegenüber 38, die Umsatzwachstum melden) und auch die Auslastung leicht zurückgegangen ist. Das gilt insbesondere bei den Zahntechnikern, die einer besonders schwierigen Wettbewerbssituation in Abhängigkeit von den Zahnarztpraxen ausgesetzt sind; und in geringerem Ausmaß auch für das Augenoptikerhandwerk.

Im Wesentlichen stabil bleibt auch das Investitionsklima. Seit Frühjahr 2017 melden die Betriebe nun - anders als in der Vergangenheit üblich - ein positives Investitionsklima. Allerdings ist das Bild nach den Gewerbegruppen uneinheitlich; im Branchenvergleich besonders investitionsfreudig zeigt sich das Lebensmittelgewerbe, das überdurchschnittlich viel in die betriebliche Energieeffizienz und in die Fuhrparkerneuerung aufwendet.

Bei der Kreditvergabe zeigt sich ein aus Sicht der Betriebe erfreulicher Trend: Die Kreditpolitik der Banken wird seit Herbst 2017 zunehmend besser bewertet, und es ist inzwischen so, dass der Anteil der Betriebe, die ein Entgegenkommen der Banken attestieren, höher ausfällt als der Anteil jener, die das Verhalten der Banken als eher restriktiv einschätzen. "Das Hoch im Handwerk bleibt vorerst robust", die expansive Sozial- und Rentenpolitik im Bund mit Milliarden-Mehrkosten beim Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsbeiträgen, aus der Mütterrente II und der Gleichstellung von krankheitsbedingten Frührentnern bereite den Handwerksunternehmen allerdings zunehmend Sorgen, ordnete Handwerkspräsident Ehlert die konjunkturelle Momentaufnahme ein. "Die sprudelnden Steuererträge verleiten die Politik offensichtlich zunehmend dazu, mit sozialen Wohltaten Rückhalt bei den Wählern zu erkaufen." Das Rentenpaket verdopple die Schwierigkeiten für den Gewerblichen Mittelstand, dringend benötigte zusätzliche Fachkräfte an sich zu binden. Denn das Kosten- und Existenzrisiko eines Personalaufbaus werde speziell in der arbeitsintensiven Handwerksbranche dadurch "immer höher". Weiter steigende Lohnzusatzkosten seien in Zeiten der Hochkonjunktur über Preissteigerungen "vielleicht noch verkraftbar. Aber im absehbaren Fall eines konjunkturellen Abschwungs verwandeln sich die Geschenke in Gift für Unternehmen und Arbeitsplätze."

Konrad Alexander Europawahl

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