Beratung im Handwerksbetrieb
Manfred Grünwald

Pressemitteilung Nr. 20 b vom 19.4.2018Qualifikation und Beratung des Gründers sind entscheidend

Qualifikation des Inhabers und Gründungsberatung entscheiden über Dauer eines neuen Handwerksbetriebs.
Weniger, aber bestandskräftigere Meisterunternehmen.
HWK Düsseldorf legt Zahlen vor und spezielle Zeitschrift für Gründer „Mutig“ auf.
Aufklärungsoffensive zugunsten qualifizierter Unternehmerschaft gefordert.

Die Qualifikation des Inhabers und eine intensive Beratung des Gründers sind die ausschlaggebenden Faktoren für die Stabilität eines neu eröffneten Handwerksunternehmens. Am Ende einer fünfjährigen Phase der Betriebsgründung und Existenzfestigung existieren mehr als zwei Drittel der im Jahr 2012 von Inhabern mit Meisterabschluss neu angemeldeten Unternehmen (67,8%) auch heute noch; hat die Handwerkskammer Düsseldorf nach Sonderauswertung eigener Datenbestände analysiert.

In der Gruppe der 53 Berufe, in denen die Meisterprüfung nur fakultativ für den Gewerbezugang ist, operieren die Meister-Gründer sogar noch etwas erfolgreicher (69,5%), denn sie können sich in einem von überwiegend schwächer qualifizierter Unternehmen geprägten Wettbewerbsumfeld behaupten. Start-ups auf Meisterbasis schaffen nach Erkenntnissen aus der Gründerforschung im Beobachtungszeitraum im Schnitt vier Arbeitsplätze. Herausragendes unternehmerisches Stehvermögen beweisen ferner Fachkräfte, die zuvor mehrjährige Führungs-Erfahrung erworben haben: Firmen, die auf Basis der sog. Altgesellenregelung weitergeführt werden, weisen die höchste Bestandsfestigkeit auf (73%). Im Branchenvergleich am stabilsten sind Gründungen im komplett meisterpflichtigen Gesundheitsgewerbe.

In den zulassungsfreien Handwerksberufen, in denen eine Meisterprüfung nur noch fakultativ für den selbstständigen Gewerbezugang ist, überstehen dagegen nur 27 Prozent der Existenzgründer die Anlaufphase. "Die stabilisierende Rolle des Handwerks für das Sozialprodukt und die Beschäftigung im Lande steht und fällt mit der Meistervorbereitung seiner Unternehmer", fasste Kammerpräsident Andreas Ehlert auf einer Pressekonferenz am Donnerstag die zentrale Botschaft der Untersuchung zusammen.

Als weiteren wesentlichen Stabilisierungsfaktor hat die Kammeranalyse eine eingehende Beratung vor dem Unternehmensstart bei Gründungs-Spezialisten herausgearbeitet. 80 Prozent der Gründer, die ihr Vorhaben mit den Beratern der Handwerkskammer geplant haben, sind auch drei Jahre später noch ihr eigener Chef. Wer auf Beratung verzichtet, ist dagegen mit einiger Wahrscheinlichkeit (46%) nach dieser Zeitspanne 'weg vom Fenster'. 774 Betriebsnachfolgen wurden 2017 begleitend beraten - das sind 17 Prozent mehr Einschaltungen als noch fünf Jahre zuvor. "Der Wert der Expertenbegleitung eines Gründungsvorhabens wird immer stärker erkannt; die Kammer wird nach Jahren, in denen sie alle Inhaber ab 52 Jahren gezielt sensibilisiert hat, heute wesentlich früher von den Betrieben auf ihren Nachfolger-Bedarf angesprochen und um Unterstützung gebeten", ordnete Ehlert den Zusammenhang ein.

Das Spektrum des Beratungsangebots für Gründer reicht dabei längst über die Begleitung von Businessplan, Standortentscheidung und Förderanträgen hinaus und schließt beispielsweise einen 12-schrittigen konzeptionellen Gründungsplaner, Vertiefungsmöglichkeiten zur strategischen Betriebsausrichtung mit Alleinstellungsmerkmalen oder auch zur digitalen Ausstattung und zum Online-Marketing mit ein. Ein eigenes, neues Print-Magazin "Mutig" der HWK informiert Gründungswillige über Service-Updates, Checklisten, Tipps und Erfahrungsberichte von beratenen Gründerinnen und Gründern.

Die HWK-Studie liefert außerdem Belege für einen langfristigen Stabilitätsvorteil einer Existenzgründung durch Firmenübernahme im Vergleich zur Neugründung  "auf der grünen Wiese". Während sich das Gros der Existenzgründer per Betriebsnachfolge am Markt behaupten konnte, schaffte dies ausweislich der Einträge in der Handwerksrolle im Schnitt nur jeder dritte Neu-Gründer. "Etablierte Unternehmen haben ihre Rentabilität nachgewiesen; und Personen, die sich zutrauen, einen solchen Betrieb zu übernehmen, bringen in der Regel auch die entsprechende unternehmerische Vorqualifikation oder langjährige Führungserfahrung mit", informierte Ehlert zum Hintergrund. Am besten - in 71 % der Fälle - behaupten sich nach Erkenntnissen der Kammer familieninterne Betriebsfortsetzungen. Ehlert: "In Familienunternehmen macht das schrittweise Hineinwachsen der Nachfolger in die künftige Führungsfunktion den Unterschied." Immerhin ist aber auch die Mehrzahl der Firmen, die von einem Externen fortgeführt wurden (56%), 5 Jahre danach weiterhin quicklebendig. Die Erfolgsaussichten für qualifizierte Gründer seien - so Ehlert - speziell in der Unternehmensnachfolge "exzellent. Für 9400 Altbetriebe werden in den kommenden 5 Jahren alleine im Kammerbezirk Düsseldorf Übernehmer benötigt."

Wird diese vergleichsweise risikoärmere Variante der Existenzgründung durch Firmen-Weiterführung nicht verbreiteter erkannt und genutzt, droht dem Handwerk nach der Fachkräftelücke auch eine gravierende Nachfolgerlücke. Denn unterm Strich ist die Zahl der von Meistern neu in die Handwerksrolle eingetragenen Firmen seit 2008 um ein Drittel gesunken (2008: 682 Betriebe; 2017 434) - und damit auch das Potenzial für vollqualifizierte Gründungen und Übernahmen. Kammerweit sind nur noch 41,1 Prozent der Betriebspersonen im Handwerk Meisterinnen und Meister. Das Handwerksinstitut an der Universität Göttingen stellte bis 2014 einen bundesweiten Rückgang des Meister-Anteils an den handwerklichen Gründungen bis 2014 auf 39 Prozent fest.

Gleichzeitig steige der Anteil sogenannter Soloselbstständiger, ergänzte Ehlert das Bild. Dieser habe noch vor 20 Jahren bei unter 20 Prozent gelegen, und sei "infolge der Novelle der Handwerksordnung 2004 mit Abschaffung der Meisterpflicht in 53 Handwerksberufen und der Förderung von Ich-AG‘s auf aktuell über 40 Prozent angewachsen."

Immer mehr Handwerksbetriebe werden als Einzelunternehmen gegründet. "Diese Rechtsform ist besonders unkompliziert und eröffnet Gründern den größtmöglichen Gestaltungsspielraum für Ihre Unternehmung", erklärte Fuhrmann. 2012 entschieden sich 85 % der Gründer für einen entsprechenden Eintrag. 10,7 Prozent der Neueintragungen ins Handwerkerverzeichnis erfolgten in einer Gesellschafts-Rechtsform (GmbH oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts, GbR). Die Rechtsformen der Einzelfirma im Handelsregister, OHG, KG und die GmbH & Co. KG, die das Haftungsrisiko zwischen Unternehmen und Gesellschaftern aufteilt, sind v.a. aufgrund rückläufiger Existenzgründungen in kapitalintensiven Branchen wie im  Bauhauptgewerbe praktisch ganz verschwunden. Stark haftungsbeschränkte Rechtsformen wie Limited und UG, die eine Zeitlang kapitalschwache Gründer aus der Arbeitslosigkeit heraus anzog, spielen ebenfalls kaum eine Rolle; sie weisen im Übrigen eine besonders hohe Löschungsquote auf.

Vor dem Hintergrund des rückläufigen Gewerbezugangs durch Meister sprach die Handwerkskammer sich für eine breite Aufklärungs- und PR-Offensive in Nordrhein-Westfalen zugunsten des Karrieremodells qualifizierter Unternehmerschaft aus.

Konrad Alexander Europawahl

Alexander Konrad

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