Begriffserklärung aus Anlass der Wirtschafts- und Finanzkrise, 25. Oktober 2012Von Neoliberalen, Marktradikalen und Kapitalisten ohne Haftung.

Schuld an der Finanzkrise ist der „Neoliberalismus“?

So lautet die populäre Überzeugung – nicht nur im linken politischen Spektrum, sondern bis tief in bürgerliche Schichten hinein. Der „Neoliberalismus“ kann es aber nicht gewesen sein. Denn Ludwig Erhard und die Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft verstanden sich gerade deshalb als „Neoliberale“, weil sie für eine Wirtschaftsordnung eintraten, die Freiheit und Verantwortung unauflöslich miteinander verbindet. Wahrnehmung von persönlicher Verantwortung – gerade davon war bei den Verursachern der Finanzkrise nicht viel zu sehen.

Wenn nun die „Neoliberalen“ nicht die Verursacher der Finanzkrise gewesen sind, wer war es dann? Häufig können diejenigen mit Beifall rechnen, die sagen, dass „Marktradikale“ Verursacher der Krise gewesen sind. Das klingt plausibel. Aber stimmt es wirklich? Marktradikalismus kann doch nur heißen, dass die Prinzipien des Marktes radikal ernst genommen werden.

Kern jedes Marktprozesses ist ein Mechanismus von Belohnung und Sanktionen.

Die Akteure am Markt werden für Erfolge belohnt und für Misserfolge bestraft. Als „Marktradikaler“ kann nur derjenige bezeichnet werden, der diesem Grundsatz radikal Geltung verschafft. Kann nun von den Verursachern der Finanzkrise behauptet werden, dass sie dies getan haben? Zweifel sind angebracht! Im Gegenteil: Die Verursacher der Finanzkrise haben zwar Gewinne einstrichen, wollten aber für Verluste nicht gerade stehen. Bonussysteme für die Belohnung der Entscheidungsträger wurden immer weiter ausgebaut, aber Malussysteme sorgfältig vermieden. Rating-Agenturen ließen sich für Bonitätseinschätzungen bezahlen, wollten aber für falsche Bewertungen keine Verantwortung übernehmen. Banken strichen Gewinne aus höchst riskantem Eigenhandel ohne Zögern ein und zögerten genauso wenig, sich bei Verlusten durch den Steuerzahler vor dem Konkurs retten zu lassen. Wenn es kritisch wird, stehlen sie sich davon, ohne ihren Teil bezahlt und für ihr Tun gerade zu stehen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Die wahren Verursacher der Finanzkrise sind diejenigen, die grundlegende Marktprinzipien missachten

Schuld ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Falsche staatliche Regulierungspolitik, die exakt hierzu einlädt, macht sich mitschuldig. Handwerk und Mittelstand sind oft als altmodisch belächelt worden, weil sie am Leitbild des persönlich haftenden Unternehmers festhalten. Wer die richtigen Lehren aus der Krise ziehen will, der muss genau einer solchen Verantwortungskultur auf breiter Front wieder zum Durchbruch verhelfen.( Da gibt es zum einen sich neu etablierende Sozialisten, die im Kern die persönliche Freiheit ablehnen, den Menschen bis in seine privatesten Bedürfnisse und Wünsche hinein verstaatlichen wollen und nicht einsehen können, dass Wohlstand für alle nur durch einen echten Leistungswettbewerb mit freien Preisen möglich ist. Da gibt es aber zum anderen auch jene falschen Freunde der Freiheit und des Marktes, die z. B. in Publikums-Aktiengesellschaften Freiheit ohne Verantwortung beanspruchen und sich um die persönliche Haftung für ihr Tun herumdrücken.) Die Marktwirtschaft muss nicht nur gegen Sozialisten, sondern auch gegen Kapitalisten ohne Haftung verteidigt werden. Das lehrt uns die Finanz- und Wirtschaftskrise. Niemand darf sich den Sanktionsmechanismen des Marktes entziehen. Der Staat hat nicht die Aufgabe, Manager in den Vorständen von Aktiengesellschaften vor den Konsequenzen des Marktes zu schützen. Der Staat muss stattdessen wieder der einfachen Regel Geltung verschaffen, dass Freiheit, Verantwortung und Haftung zusammengehören. Hinweg mit immer neuen Haftungsbeschränkungen! Mehr Markt auch und gerade gegen haftungsbefreite Kapitalisten: Das wirkt Wunder!

Was Sozialisten und Kapitalisten verbindet, ist die Sehnsucht nach einer Kollektivierung der Verantwortung.

Ein solcher Kollektivismus leugnet persönliche Verantwortung, scheut wahrhaftige Preise und lebt von der trügerischen Hoffnung, dass alle auf Kosten aller leben können: Das ist das Gegenteil der Sozialen Marktwirtschaft. Sie ist darauf angewiesen, dass die Politik klare und einfache Regeln durchsetzt, die jedermann auf den unauflöslichen Zusammenhang von Freiheit, Verantwortung und Haftung verpflichten. Sie braucht mehr Vorbilder, die als Unternehmer und als Führungskräfte eine echte, persönliche Verantwortungskultur vorleben.

Eine Wirtschafts- und Sozialordnung, die dagegen von sozialistischen Staatsanbetern oder kapitalistischen Verantwortungsflüchtlingen dominiert wird, kann auf Dauer keinen Bestand haben. Das ist die entscheidende Konsequenz aus den Krisen des letzten Vierteljahrhunderts, nämlich dem Zusammenbruch des Sozialismus im Jahre 1989 und dem Fiasko durch die aktuelle Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschulden-Krise. Die Verantwortungskultur des Eigentümer-Unternehmertums in Handwerk und Mittelstand ist das geeignete Leitbild. Die Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft sind dabei erstaunlich aktuelle Ratgeber.

Köster Dr. Thomas HWK Düsseldorf

Dr. Thomas Köster

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