Aufsatz in Kultur des Gemeinwohls, Elmar Nass/Wolfgang H. Spindler/Johannes H. Zabel (Hrsg.), Paulinus Verlag, Trier 2017Welche Chancen hat Subsidiarität in Europa?

„Wir müssen Europa wieder neu buchstabieren lernen, und zwar nach dem Alphabet der Subsidiarität[1]!“

Wenn ich an Europa denke, dann kommt mir sofort diese Aussage von Wolfgang Ockenfels in den Sinn, die für mich in Bezug auf Europa zum geflügelten Wort geworden ist. Mit Subsidiarität hat sich Wolfgang Ockenfels nicht nur als Wissenschaftler beschäftigt. Als Meister des Knüpfens von Netz­werken hat er der Organisationswelt des Mittelstandes seit Jahrzehnten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. So hat er sich häufig auch dem Wirtschaftsbereich Handwerk als Berater zur Verfügung gestellt und dabei immer das „Recht der kleineren Einheiten“ eindrucksvoll in das Licht der Betrach­tungen gerückt. Deshalb freue ich mich, als Praktiker aus der Sicht der Kammer- und Verbandswelt des Handwerks in Würdigung von Wolfgang Ockenfels meine Sicht des Themas „Welche Chan­cen hat Subsidiarität in Europa?“ darlegen zu können[2].

1. Einige Wegmarken des europäischen Aufbauwerks nach dem 2. Weltkrieg

Wolfgang Ockenfels wurde am 25. Januar 1947 geboren. Ungefähr 10 Monate vorher, nämlich genau am 24. März 1946 hat Konrad Adenauer in der Aula der Kölner Universität in einer großen Ansprache folgendes ausgeführt:

„Ich bin für eine organische Verflechtung der französischen, der belgischen und der deutschen Wirtschaft zur Sicherung eines dauerhaften Friedens…, weil parallel laufende, gleichgeschaltete wirtschaftliche Interessen das gesundeste und dauerhafteste Fundament für gute politische Beziehungen zwischen den Völkern sind und immer bleiben werden… Die Vereinigten Staaten von Europa sind die beste, sicherste und dauerhafteste Sicherung der westlichen Nachbarn Deutschlands.“

Adenauer hat sich im Rahmen seiner Kölner Rede stark für einen dezentralen Aufbau Deutschlands eingesetzt; die entsprechende Stelle hat folgenden Wortlaut: „Wir wollen, dass ein Bundesstaat geschaffen wird, ein Bundesstaat, dessen Zentralgewalt alles das bekommt, was zum Bestehen des Ganzen vernünftigerweise nötig ist, aber auch nicht mehr als das. Wir wollen, dass die einzelnen Länder dieses Bundesstaates weitgehend eigene Verantwortung tragen auf allen Gebieten, in denen eine zentrale Verwal­tung nach dem oben Gesagten nicht nötig ist. Das ganze Deutschland soll möglichst dezentralisiert werden[3].“ Von dieser Rede Adenauers hat das europäische Aufbauwerk seinen Ausgang genommen – zumindest für Deutschland. Ziel war ein dezentrales Deutschland in einem starken Europa der Vielfalt. Und was für eine Erfolgsgeschichte in Deutschland und Europa ist daraus geworden! Für den Politologen Peter Graf Kielmansegg gibt es sogar gute Gründe, den Aufbau einer europäischen Staatenföderation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts „als eine der kreativsten politischen Leistungen der jüngeren Geschichte zu werten[4]“. In die Jugendzeit Wolfgang Ockenfels fallen wichtige Stationen dieses europäischen Aufbauwerks:

  • Für Konrad Adenauer, Robert Schumann und Alcide de Gasperi war Europa an erster Stelle ein Friedensprojekt.
  • Von Beginn an gab es einen Dualismus zwischen der planwirtschaftlichen Orientierung Frankreichs und marktwirtschaftlichen Integrationsvorstellungen Deutschlands. Die Gründung der Montanunion 1951/1952 mit Jean Monnet an der Spitze war stark durch französisches Planungsdenken geprägt. Die Vergemeinschaftung der Zuständigkeiten für Kohle und Stahl sollte europäische Kriege unmöglich machen. Monnets Rezept war es, ökonomische Instrumente als Mittel der politischen Integration einzusetzen.[5] Das war sozusagen von Anfang an „Integration durch die Hintertür“.
  • Dann 1952 der Anlauf zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Dies war der großangelegte Versuch einer „Integration durch die Vordertür“. Es ging um eine gemein­same europäische Armee. Damit war der Kern nationalstaatlicher Souveränität berührt. Die­ser Anlauf scheiterte 1954 zur großen Enttäuschung Adenauers an der Ablehnung durch die französische Nationalversammlung. In der Folgezeit gab es eine stillschweigende Übereinkunft europäischer Eliten, der Methode der indirekten Integration über ökonomische Instrumente den Vorzug einzuräumen.
  • Nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957 und Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) mit Wirkung ab 1. Januar 1958 wurde Walter Hallstein, ein herausragender Jurist, zum ersten Präsidenten der EWG-Kommission. Ziel Hallsteins war von vornherein, eine Hegemonie des Rechtes als Grundlage des Europäischen Aufbauwerkes durchzusetzen[6]. Hegemonie des Rechts – das wurde zum Erfolgsgeheimnis des europäischen Integrationsprozesses[7]. Konflikte zwischen Freihandelsorientierung und interventionistischer Agrar- und Kohlepolitik begleiteten die europäische Wirtschaftspolitik von den 1950er bis mindestens in die 1980er Jahre.
  • In der Kommissionspräsidentschaft von Jacques Delors (1985 bis 1995) nahm das bis 1985 sich im moderaten Tempo bewegende Projekt Europa erst richtig Fahrt auf. Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) sollte den Binnenmarkt vollenden. Der prinzipielle Übergang zum Mehrheitsprinzip im Europäischen Rat und die Durchsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) mit der Einführung des Euro spätestens zum 1. Januar 1999 durch den Maastrichter Vertrag von 1992 bedeuteten einen qualitativen Sprung in Richtung einer supranationalen Union.
  • Mit der Währungsunion in einem wirtschaftlich inhomogenen Währungsraum sowie der EU-Osterweiterung intensivierte sich die Debatte um die „Finalität“ der Europäischen Union. Erste Anzeichen einer institutionellen Sklerose der erweiterten und vertieften Union waren unübersehbar.
  • Multiple Krise seit 2008: Finanzmarktkrise, Staatsschuldenkrise, Euro-Krise, Schulden-Kollektivierung durch EZB-Politik und dann die Flüchtlingskrise führen zu immer stärkeren Interessengegensätzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Ungeachtet der Krisen ist das Tempo der EU-Rechtsakt-Produktion ungebrochen. Die Zentralisierungsdynamik nimmt im Zusammenhang mit der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken im Euro-Raum sogar noch zu.

2. Wachsende Skepsis gegenüber der gegenwärtigen EU-Integrationspolitik auch aufgrund von EU-Kompetenzausdehnung

Zur Beschreibung der europapolitischen Ausgangslage ist zu konstatieren:

  • Die Zustimmungsraten zur europäischen Politik sind gesunken[8].
  • Europakritische Parteien gewinnen in Frankreich, Italien, Großbritannien, Deutschland und weiteren Ländern an Bedeutung
  • Immer mehr Bürger auch in Mittelstand und Handwerk sind der Auffassung, dass die Kompe­tenzausdehnung durch Brüsseler Institutionen zumindest auf einigen Gebieten inzwischen zu weit getrieben sein könnte[9].

Von der wohlfahrtssteigernden Wirkung des Binnenmarktes – einer der großen Errungenschaften Europas – profitieren alle, auch Mittelstand und Handwerk. Aber weniger gut – um nur zwei Beispiele zu nennen - finden viele Mittelständler

  • wenn die dreigliedrige Struktur des deutschen Bankensystems (Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privatbanken) durch europäische Initiativen in Frage gestellt wird (Stichwort: Europäisierung der Einlagensicherungssysteme) oder
  • wenn durch die Europäische Union das deutsche Meistersystem als qualifikationsgebundener Gewerbezugang angegriffen wird und damit das duale System der beruflichen Bildung in Deutschland mit seiner beispielhaft niedrigen Jugendarbeitslosigkeit in Gefahr gerät.

Mittelstandsnahes Bankensystem und duale Berufsbildung sind zwei entscheidende Erfolgsfaktoren nicht nur für Handwerk und Mittelstand in Deutschland sondern überhaupt für den Wirtschafts­standort Deutschland. Wer diese Erfolgsfaktoren in Frage stellt, beschädigt das dezentral und regio­nal verankerte Handwerk, das ein Viertel aller Unternehmen, ein Achtel aller Beschäftigten und ein Viertel aller Lehrlinge in Deutschland stellt. Handwerk und Mittelstand sind damit natürliche Unter­stützer-Gruppen für Subsidiarität auf der Ebene der Europäischen Union. An ihrer Seite als poten­tielle Verbündete stehen Millionen kleinere und mittlere Unternehmen in der Europäischen Union (EU). Deshalb ist aus der Sicht von Handwerk und Mittelstand die Frage naheliegend: Wie lässt sich dem Subsidiaritätsprinzip in der EU nachhaltig mehr Geltung verschaffen?

3. Das Subsidiaritätsprinzip der Europäischen Verträge

Die klassische Formulierung des Subsidiaritätsprinzips aus der Enzyklika Quadragesimo anno (1931) lautet: „so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Ge­meinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemein­schaft in Anspruch zu nehmen[10].“ In Art. 5 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) heißt es: „Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre aus­schließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedsstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkun­gen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“

Zwei Kriterien müssen hiernach erfüllt sein:

  • Zum einen muss die Maßnahme auf mitgliedsstaatlicher Ebene nicht ausreichend verwirklicht werden können (Negativ-Kriterium),
  • zum anderen muss die Maßnahme auf Unionsebene besser verwirklicht werden können (Positiv-Kriterium).

Udo Di Fabio hat beim 6. Röpke-Symposium der Handwerkskammer Düsseldorf am 18. Februar 2014 hierzu ausgeführt:

„Das Subsidiaritätsprinzip ist eine sozialphilosophisch klug hergeleitete regulative Regel, an die man sich halten sollte, wenn man Politik gestaltet. Als Jurist habe ich allerdings immer eine gewisse Re­serviertheit gegenüber diesem Begriff gehabt … Sie gilt bei manchen Juristen als ein juristisch nicht operationalisierbares Prinzip, als eine romantische Regel, ja schlimmer noch: als Weihrauch, der die dahinterliegende Zentralisierung in Halbdunkel hüllt. Deshalb wäre für mich als Jurist mehr geleistet, wenn man sich einfach an das Recht halten würde[11].“

Der Staatsrechtler Josef Isensee aber hat bei dem von Wolfgang Ockenfels geleiteten Buß- und Bettags-Gespräch des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg am 20.11.2013 in Bonn zum Thema „Europa – Krise ohne Ende ?“ vom „Verflüssigungszustand des europäischen Rechts“ gesprochen. Wenn das so ist, dann allerdings ist es schwierig, sich einfach an das Recht zu halten. Dann sind Freunde des Dezentrismus schlecht beraten, wenn sie die Chancen, die durch die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips in den europäischen Verträgen gegeben sind, ungenutzt lassen.

4. EU-Kompetenzausdehnung – aktuelle empirische Befunde

Lässt sich der weit verbreitete Eindruck einer zunehmenden Kompetenzausdehnung Brüsseler In­stanzen empirisch nachweisen?

Der Ökonom Jan Schnellenbach hat bei dem genannten Röpke-Symposium genau diesen Ver­such unternommen: Danach war die Rechtsetzungs-Aktivität Brüsseler Instanzen bis etwa 1985 relativ moderat[12]. Anschließend aber setzte mit der Kommissionspräsidentschaft von Jacques Delors und dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags eine Beschleunigung ein.

Durch den Maastrichter Vertrag erfolgte der Wechsel von der intergouvernementalen Kooperation zur supranationalen Kooperation. Jetzt konnte man in vielen Politikbereichen mittels Mehrheitsentscheidungen über die Ablehnung eines der Partner hinweg gehen[13]. Der Ökonom Jan Schnellenbach bewertete das so: Einstimmigkeit führe zu sogenannten pareto-verbessernden Lösungen, durch die zumindest ein Partner bessergestellt werde aber kein Partner schlechter. Sonst wäre Einstimmigkeit nicht zustande gekommen. Durch den Übergang zum Mehrheitsprinzip sei die Einhaltung des Pareto-Optimums bei Entscheidungen nicht mehr sichergestellt[14].

Der Mannheimer Politikwissenschaftler Thomas König hat im Jahr 2010 eine Bestandsaufnahme europäischer Rechtsakte durchgeführt. Danach gab es 3529 EU-Richtlinien und 66.869 EU-Ver­ordnungen, davon 52.957 Verordnungen im Rahmen eines vereinfachten Rechtssetzungsaktes in Form des sog. Tertiärrechts[15]: Die Kommission kann derartige Rechtsakte allein in Kraft setzen – es sei denn: das Europäische Parlament widerspricht bei Delegierten Rechtsakten mit absoluter Mehrheit oder der Rat mit qualifizierter Mehrheit innerhalb einer im korrespondierenden Basisrechtsakt genannten Frist von z.B. 2 Monaten[16]. Diese tertiären Rechtsakte machen fünf Sechstel aller Verordnungen der EU aus. Insofern wird hier im beträchtlichen Umfang die Gewaltenteilung ausgehebelt[17]. Nach Feststellungen des Centrums für Europäische Politik (cep) hat der Anteil tertiärer Rechtsakte (Delegierte Rechtsakte gemäß Art. 290 AEUV und Durchführungsrechtsakte gemäß Art. 291 AEUV) an der gesamten EU-Gesetzgebung in den Jahren nach 2012 stark zugenommen. Hiernach übertraf der Umfang tertiärer Rechtsakte der EU im Jahre 2015 ihre Aktivität im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beinahe um das Dreifache. Nach der Zählung des cep standen im Jahre 2015 46 neue EU-Richtlinien bzw. Verordnungen 135 neue tertiäre Rechtsakte gegenüber[18]. Die demokratische Kontrolle der EU-Legislativtätigkeit mit tertiären Rechtakten ist bislang unzureichend. Nur in 1,7% der Fälle war die Kommission im Zeitraum zwischen 2010 und Ende November 2015 aufgrund einer Ablehnung durch das Europäische Parlament oder den Rat dazu gezwungen, einen tertiären Rechtsakt zurückzunehmen[19].

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat zu Beginn seiner Amtszeit im Dezember 2014 einen Paradigmenwechsel hin zu einer stärkeren Beachtung von Subsidiaritätsgesichtspunkten in der EU-Legislativtätigkeit in Aussicht gestellt. Der Erste Vizepräsident Frans Timmermans erhielt die Zustän­digkeit für bessere Regulierung und Subsidiarität[20]. Das schon existierende EU-REFIT-Programm für eine bessere EU-Rechtsetzung wurde mittels eines Kommissionsbeschlusses vom 19. Mai 2015 um eine REFIT-Plattform mit zwei ständigen Gruppen (Gruppe der Regierungsvertreter sowie Gruppe der sog. Interessenträger aus der Wirtschaft, von Sozialpartnern sowie aus der Zivilgesellschaft) erwei­tert[21]. Es bleibt abzuwarten, ob diese Maßnahmen zu einer dauerhaften Reduzierung von EU-Gesetzgebungsinitiativen führen werden[22].

Dass es bei der EU-Legislativtätigkeit durch tertiäre Rechtsakte nicht nur um technische Details geht, soll ein Beispiel verdeutlichen, dass das Handwerk unmittelbar betrifft: Im Januar 2014 ist die neue „Berufsanerkennungsrichtlinie“ in Kraft getreten. In dieser Richtlinie wird die Kommission er­mächtigt, durch delegierte Rechtsakte „gemeinsame Ausbildungsrahmen“ festzulegen. In diesen Ausbildungsrahmen können – so die Befürchtungen des Handwerks in Deutschland – handwerkliche Berufsprofile europaweit geprägt werden, obwohl dies zurzeit eindeutig nationale Zuständigkeit ist[23]. Das könnte die Berufsbilder im Rahmen unseres dualen Systems der beruflichen Bildung in ihrem Kern treffen. Hier geht es also für wichtige mittelständische Wirtschaftssektoren in Deutschland an das „Eingemachte“. Die von Thomas König vorgenommene Inventur von EU-Rechtsakten zeigt zwei Problemkreise auf:

  • Zum einen die schiere Masse der EU-Rechtsakte.
  • Zum anderen die nicht ausreichende demokratische Fundierung bei tertiären Rechtsakten

5. Auf welchen Wegen kommt es zu EU-Kompetenzerweiterungen?

Eigentlich ist in der EU das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung gültig. Dies müsste schleichen­den EU-Kompetenzerweiterungen deutliche Grenzen setzen. Tatsächlich aber führen breite Trassen in Richtung Kompetenzerweiterungen. Das große Feld der schon erwähnten tertiären Rechtsakte ist ein solcher Zugangsweg zu neuen EU-Kompetenzen:

  • Zum anderen ist hier die Koordinierung der Wirtschaftspolitik durch das sog. Europäischen Semesters zu nennen, in dessen Rahmen auch Leistungsbilanzüberschüsse zum Gegenstand von Sanktionen in Form von Bußgeldern gemacht werden. In sog. „blauen Briefen“ des Euro­päischen Rates wurde Deutschland zum Beispiel aufgefordert „ungerechtfertigte Beschrän­kungen“ bei freien Berufen und im Handwerk abzuschaffen[24]. Die Überwachung der Einhal­tung haushaltszentrierter Stabilitätskriterien im Rahmen des Fiskalpaktes ist – so die Auf­fassung von Udo DiFabio – erforderlich. Aber die Konstruktion des europäischen Semesters wirft die Frage auf, ob eine europäische Wirtschaftsregierung im Sinne einer gelenkten Marktwirtschaft durch die „krisenpräventive Hintertür“ eingeführt wird[25]. Dies zeigt, dass das europäische Semester sich als Einfallstor für schleichende EU-Kompetenzerweiterungen eig­net.
  • Das gilt leider teilweise auch für das Binnenmarkt-Argument. Wie schon ausgeführt ist der Binnenmarkt eine der großen Errungenschaften der Europäischen Union. Aber nicht selten benutzt die Kommission das Binnenmarkt-Argument nicht aus Binnenmarktinteresse, son­dern als Instrument zur EU-Kompetenzerweiterung. Die Abschaffung von Zöllen und Import­quoten, aber auch von nichttarifären Handelshemmnissen gehört zu jeder Strategie einer Vollendung des Binnenmarktes. Wenn aber „nichttarifäre Handelshemmnisse“ so extensiv in­terpretiert werden, dass jede Unterschiedlichkeit auf Grund von bewährten mitgliedstaatli­chen Systemen wegharmonisiert werden soll, dann wird Maß und Mitte bei der Umsetzung des Binnenmarkt-Arguments verlassen[26]. Für den Verfassungsrechtler Dieter Grimm ist der Binnenmarkt-Konnex „ein finales Kriterium, wonach die EU ermächtigt ist, alle Maßnah­men zu ergreifen, die für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Zu diesem Zweck ist die Harmonisierung der nationalen Rechte gestattet. Indessen ist es nahezu ausgeschlossen, Regelungsmaterien zu finden, die keinerlei Beziehung zum freien Verkehr der Waren, Personen, Dienstleistungen und Arbeitskräfte (Art. 26 Abs. 2 AEUV) ha­ben..... Dem Finalkriterium wohnt daher keine Begrenzung inne. Alles hängt von der Ausle­gung ab, was als erforderlich für die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes gehalten wird“[27]. Der Chefvolkswirt des Bundesfinanzministeriums Ludger Schuknecht hat in seiner Kritik am Vorgehen der EU-Kommission beim Vorschlag für ein gemeinsames Einlagensi­cherungssystem dieses Argument wie folgt auf den Punkt gebracht: „Mit der Umsetzung des Kommissionsvorschlags unter dem Binnenmarkt-Vorwand wäre damit weiterer Zentralisie­rung und Vergemeinschaftung in Europa Tür und Tor geöffnet, sobald nur der kleinste Bin­nenmarkt-Konnex hergestellt werden kann. Dies ist ein weiteres Zeichen, wie wenig Subsidia­rität noch ernst genommen wird“[28].
  • Auch die Beihilfe-Kontrolle der Europäischen Kommission ist ein wichtiges Instrument bei der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen. Wenn aber zum Beispiel die staatliche Mittel­standsförderung in Form von Beratungshilfen unter den kritischen Fokus der EU-Beihilfen­kontrolle gerät, dann wird auch hier das richtige Maß nicht beachtet.

6. Ökonomische Kriterien für und gegen EU-Kompetenzerweiterungen

Der Ökonom Jan Schnellenbach hat im Rahmen des 6. Röpke-Symposium der Handwerkskammer Düsseldorf ökonomische Kriterien für und gegen EU-Kompetenzerweiterungen aufgelistet[29]: Anhand dieser Kriterien kann dann aus ökonomischer Sicht beurteilt werden, ob eine EU-Zuständigkeit für ein Sachgebiet zu befürworten ist oder nicht. Für EU-Kompetenzerweiterung, das heißt für Zentralisierung spricht nach Schnellenbach:

  • Allerdings sind EU-Minimal-Aktivitäten dort am ausgeprägtesten (zum Beispiel Verteidigungs- und Sicherheitspolitik), wo es die stärksten Argumente zu Gunsten einer Zentralisierung auf EU-Ebene gibt.
  • Wenn eine Kostendegression bei Bereitstellung öffentlicher Güter zu erwarten ist (zum Bei­spiel Müllverbrennungsanlagen).
  • Wenn öffentliche Güter bereitgestellt werden sollen, deren Qualität nicht abnimmt, wenn zu­sätzliche Bürger dazukommen und sie konsumieren (zum Beispiel Qualität der Landesvertei­digung wird nicht schlechter, wenn noch hunderttausend Einwanderer dazukommen).
  • Maßnahmen zur Sicherung des Binnenmarktes haben die ökonomisch stärksten Argumente für eine EU-Zuständigkeit auf ihrer Seite.

Seitens des Centrums für Europäische Politik (cep) wird als zusätzliches Kriterium, das für die Zentra­lisierung einer Zuständigkeit sprechen könnte, das Vorliegen länderübergreifender externer Effekte genannt (z.B. negative Folgen der Entschärfung der Emissionsvorschriften für schädliche Gase durch ein Mitgliedsland für dessen Anrainerstaaten)[30].

Gegen EU-Kompetenzerweiterung, d.h. gegen Zentralisierung spricht nach Jan Schnellenbach:

  • Intransparenter Einfluss von Interessengruppen auf zentraler Ebene,
  • Die Heterogenität der Bürgerpräferenzen in unterschiedlichen Regionen (one-size-fits-all-Politik ist nicht effizient),
  • Informations- und Wissensdefizite auf zentraler Ebene,
  • Gefahr der Kartellbildung von politischen Repräsentanten (Schwächung der Abwanderungsop­tion durch Zentralisierung).

Die Pro- und Contra-Argumente müssen in jedem Einzelfall gegeneinander abgewogen werden[31]:

  • Überwiegen die Effizienzgewinne oder die Präferenzkosten und die politisch-ökonomischen Probleme einer Zentralisierung?
  • Überwiegen insgesamt die Vor- oder die Nachteile?

Der Ökonom Jan Schnellenbach kommt beim Glühlampen-Verbot und beim EU-Öko-Audit zu dem Urteil, dass es nicht darum ging, Transaktionskosten zu senken, Effizienz zu steigern und den Bin­nenmarkt zu sichern, sondern um die Durchsetzung spezifischer Sonderinteressen von Interessen­gruppen auf europäischer Ebene. Schnellenbachs Fazit lautet: Aus ökonomischer Sicht verstoße ein erheblicher Teil der EU-Gesetzgebung – weil keine positiven Effizienzwirkungen vorlägen - gegen das Subsidiaritätsprinzip des Gemeinschaftsrechtes[32].

7. Absehbare neue Themenfelder für EU-Kompetenzerweiterung

In einem vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Gutachten „Kosten des Nicht-Europas 2014 – 2019“ werden 24 Themenfelder für verstärkte EU-Aktivitäten aufgelistet[33]. Hier sind folgende Bereiche, die Interessen von Handwerk und Mittelstand berühren, besonders hervorzuheben: verstärkte Anstrengungen zur Vollendung der Bankenunion, darunter die Durchsetzung eines gemeinsamen Einlagensicherungssystems und Mindestvorschriften zur Arbeitslosenversi­cherung im Euroraum. Im Bericht der fünf Präsidenten von EU-Institutionen vom 22. Juni 2015 (vorgelegt von Jean-Claude Juncker in enger Zusammenarbeit mit Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz) wird unter dem Titel „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“ u.a. vorgeschlagen[34]:

Unverzichtbarkeit eines einheitlichen Europäischen Einlagensicherungssystems (European Deposit Insurance Scheme-EDIS) im Rahmen der Banken-Union mit einer Rückversicherung zwischen den bestehenden nationalen Einlagensicherungen in der Eurozone als erstem Schritt

  • Stärkere Kapitalmarktfinanzierung auch für KMU im Rahmen der herzustellenden Kapital­markt-Union
  • Noch stärkere Rolle der Euro-Group und ihres Vorsitzenden bei der Koordinierung der Haus­halts- und Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedstaaten und mittelfristige Schaffung eines euro­paweiten Schatzamtes (Treasury)
  • Schaffung einer sog. „makroökonomischen Stabilisierungsfunktion“ auf EU-Ebene zur Abfe­derung schwerer makroökonomischer Schocks mit dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) als Nucleus
  • Größere Verbindlichkeit für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedstaaten - Die schon möglichen Sanktionsverfahren bei Vorliegen makroökonomischer Ungleichge­wichte sollen auch benutzt werden können, um die Umsetzung von Reform-Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters bei Mitgliedstaaten voranzubringen.

Eine Verwirklichung dieser Vorschläge würde die von Udo DiFabio befürchtete europäische Wirtschaftsregierung im Sinne einer gelenkten Marktwirtschaft entscheidende Schritte näher brin­gen[35]. Die Belastungen, die sich für Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland aus der beabsichtigten Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme ergäben, würde deren Fähigkeit zur Kreditfinanzierung von KMU in Deutschland schwer beeinträchtigen[36].

8. Mögliche institutionelle Bremsen gegen EU-Zentralisierungsprozesse

Was könnte institutionell dafür getan werden, dass der Abwägungsprozess des Pros und Contras einer EU-Zuständigkeit tatsächlich fair stattfindet und schleichende Zentralisierungen verhindert werden[37]. Hier sind schon existierende „Brems-Instrumente“ von noch zu schaffenden Instrumenten zu unterscheiden. Unter den schon vorhandenen Instrumenten sind an erster Stelle die Subsidiaritätsrüge und die Subsidiaritätsklage zu nennen:

Für den Europarechtskommentator Rudolf Streinz, der zum 6. Röpke-Symposium der Handwerkskammer Düsseldorf als Referent beigetragen hat, steht die Justiziabilität des Subsidiari­tätsprinzips spätestens seit den Präzisierungen durch den Lissabonner Vertrag von Dezember 2007 außer Frage. Rudolf Streinz warnt davor, die potentielle Wirksamkeit der Subsidiaritätsprüfung zu un­terschätzen[38]. Nach Artikel 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit kann jede Kammer eines mitgliedstaatlichen Parlaments mit einer „Subsidiaritätsrüge“ binnen acht Wochen nach der Übermittlung eines Gesetzgebungsentwurfs der EU in einer begründeten Stellungnahme an die Präsidenten von EU-Parlament, Rat und Kommission darlegen, weshalb der Entwurf nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Damit können die nationalen Parlamente eine ex-ante-Kontrolle von EU-Gesetzgebungsentwürfen ausüben. Die Reaktionspflichten der EU-Organe sind gestaffelt nach der Anzahl der nationalen Parlamente, die eine derartige Subsidiaritätsrüge unterstützen. Wird ein Drittel der den nationalen Parlamenten zugewiesenen Stimmen erreicht, muss der Entwurf gemäß Artikel 7 Abs. 2 des Subsidiaritätsprotokolls (durch die Kommission) überprüft werden (sog. gelbe Karte). Wird eine einfache Mehrheit der Gesamtzahl erreicht (sog. orangene Karte), so prüft der Unionsgesetzgeber (Europäisches Parlament und Rat), ob der Entwurf das Subsidiaritäts­prinzip verletzt. Ist der Rat mit einer Mehrheit von 55 Prozent seiner Mitglieder oder ist das Euro­päische Parlament mit einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Auffassung, dass der Vorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip kollidiert, so wird gemäß Art. 7 Abs. 3 b des Subsidiaritätsprotokolls der Vorschlag nicht weiter geprüft, d.h. er ist gescheitert (sog. rote Karte). Streinz äußert, dass ungeach­tet des in ziemlich kurzer Frist zu bewältigenden Aufwands bei der Mobilisierung von Unterstützern aus den Parlamenten der Mitgliedstaaten und der relativ geringen Rechtsfolgen die politische Wir­kung einer Subsidiaritätsrüge nicht vernachlässigt werden dürfe[39]. Bei entsprechendem Widerstand könne sich „die Kommission auch ohne rechtlichen Zwang veranlasst sehen, ihre Vorschläge zu mo­difizieren oder zurückzuziehen[40]“.

Entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz des Instruments der Subsidiaritätsrüge ist eine europä­ische Netzwerkbildung unter den mitgliedstaatlichen Parlamenten. Auch der Bundesrat als zweite Kammer des deutschen Parlaments kann Subsidiaritätsrügen anstoßen. Streinz ist der Auffassung, dass vor allem über den Bundesrat Möglichkeiten bestehen, tätig zu werden, um die erforderlichen Mehrheiten zusammen zu bringen[41]. Diese Einschätzung wird von den Ergebnissen einer Studie des Freiburger Centrums für Europäische Politik (cep) bestätigt, nach der in den Jahren 2010 bis 2014 der Bundestag 3 Subsidiaritätsrügen, der Bundesrat aber 11 derartige Rügen zu EU-Gesetzgebungsent­würfen ausgesprochen hat[42]. Nach cep-Feststellung ist seit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags nur in zwei Fällen die für eine gelbe Karte erforderliche Stimmenzahl zusammengekommen[43]. Die na­tionalen Parlamente der EU nahmen – so die cep-Studie - ihr Recht zur Kontrolle von EU-Gesetz­gebungsentwürfen durch Subsidiaritätsrügen im genannten Zeitraum bislang nur in 1,6% aller Fälle in Anspruch . Die deutsche „Rügepraxis“ lag bei 1,4 Prozent[44]. Durch ein engeres Zusammenwirken im Rahmen der Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente (Community and European Affairs Committees of Parliaments of the European Union, COSAC) könnte die Bedeutung des Instruments von Subsidiaritätsrügen zur Kontrolle von EU-Legislativvorschlägen erheblich gesteigert werden[45]. Überdies hat nach Artikel 8 des Subsidiaritätsprotokolls jedes mitgliedstaatliche Parlament oder eine Kammer dieses Parlaments – also auch der deutsche Bundesrat - das Recht, vor dem Europäischen Gerichtshof wegen eines Verstoßes eines Gesetzgebungsaktes gegen das Subsidiaritätsprinzip zu klagen und damit eine ex-post-Kontrolle der EU-Gesetzgebungsaktivitäten wahrzunehmen. Nach Streinz setzt die Effektivität der Subsidiaritätsklage aber voraus, „dass der EuGH sich beim erreichten Stand der Integration weniger als Motor der Integration, sondern mehr als Wahrer der Balance zwi­schen Union und Mitgliedstaaten sieht ...“[46].

Bei noch zu schaffenden „Brems-Instrumenten“ könnte an folgende Maßnahmen gedacht werden:

  • Direktdemokratische Elemente (das Schweizer Beispiel zeige, dass direkte Demokratie eine wirk­same Zentralisierungsbremse darstelle)
  • Errichtung eines eigenen unabhängigen Subsidiaritätsgerichtes auf europäischer Ebene be­setzt mit Richtern, die von den höchsten Gerichten der Mitgliedstaaten entsandt werden
  • Mehr Checks and Balances im EU-Institutionengefüge (Anreize für alle Akteure in Kommis­sion, Parlament, Ministerrat und Europäischem Gerichtshof). Solange die Anreize in eine fal­sche Richtung gehen – so Jan Schnellenbach – besteht keine Hoffnung auf eine stärkere Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips auf EU-Ebene.
  • Niederschwelliger Zugang für Beschwerdeführer
  • Kein eigenes erhebliches Besteuerungsrecht für die zentrale Ebene (sonst hat die zentrale Ebene die Mittel, um Mitgliedsstaaten Kompetenzen abzukaufen)

Als Fazit lässt sich feststellen, dass die Anreizstrukturen für die Akteure verändert werden müssen. Nur dann lässt sich der EU-Zentralisierungsmechanismus abbremsen[47]. Seitens des Centrums für Europäische Politik (cep) wird zusätzlich vorgeschlagen, dem geltenden europäischen Subsidiaritäts­protokoll justiziable Subsidiaritätskriterien hinzuzufügen wie z.B. das Kriterium, „dass für eine EU-Regulierung ein grenzüberschreitendes Problem vorliegen sollte[48]“.

9. Agenda für eine bessere Rechtsetzung auf EU-Ebene

Um das Subsidiaritätsprinzip auf europäischer Ebene zu stärken, ist eine Vernetzung des Mittelstan­des quer durch Europa die entscheidende Aufgabe. Es gilt, ein europaweites Subsidiaritäts-Netzwerk aufzubauen. Dieses Netzwerk sollte sich einsetzen für einen Maßnahmenkatalog für eine bessere Rechtsetzung auf EU-Ebene. Dieser Maßnahmenkatalog sollte nach Auffassung der Arbeitsgemein­schaft Mittelstand in Deutschland folgende Punkte umfassen[49]:

Kompetenzverhältnis zwischen EU und Mitgliedsstaaten schärfen!
Es muss genauer geprüft werden, ob ein EU-Vorhaben tatsächlich von den Verträgen ge­deckt ist. Die Wahl der jeweiligen Vertragsgrundlage sollte umfassenderer begründet wer­den.

  • Subsidiaritätsprüfungen verbessern
    Die Kommission sollte längere Fristen zur Einreichung von qualifizierten Stellungnahmen der nationalen Parlamente bei Subsidiaritätsrügen zulassen. Auch bei Verfehlen der vorge­sehenen Quoten bei der Subsidiaritätsrüge sollte die Kommission eine Überprüfung der Sub­sidiarität durchführen.
  • Verhältnismäßigkeitskontrolle stärken
    Zur besseren Wahrung der Verhältnismäßigkeit von EU-Maßnahmen (kein Hinausgehen über das zur Zielerreichung erforderliche Maß) gehört auch die stärkere Beachtung des grundsätz­lichen Vorrangs von EU-Richtlinien gegenüber EU-Verordnungen, da diese den Mitglieds­staaten bei der Einpassung in nationales Recht einen größeren Spielraum geben.
  • Komplexität des Europarechtes reduzieren
    Das REFIT-Programm zur Reduzierung der Komplexität des Europarechts bedarf einer trans­parenten und wissenschaftlich gestützten Methodik zur genauen Ermittlung bürokratischer Belastungen und Inkohärenzen des EU-Rechts.
  • Folgeabschätzungen optimieren und einheitlich anwenden
    Für die Ex-ante-Betrachtung von Gesetzeskosten durch die EU sollten die Erfahrungen u.a. aus Deutschland mit einem Standard-Kosten-Modell für die Berechnung des Erfüllungsauf­wands einer Norm herangezogen werden.
  • Konsultationsbewertung transparenter gestalten
    Bei Auswertungen von Konsultationen sollten die Bewertungsmaßstäbe transparent gemacht werden. Ein wichtiger Fortschritt wäre ein Vorblatt, auf dem die maßgeblichen Kennzahlen der erhobenen Daten, die wichtigsten Ergebnisse, die verwendete Methodik sowie die Be­wertungsmaßstäbe ausgewiesen sind.
  • Tertiäre Rechtsakte nur gezielt einsetzen
    Rat und Parlament sollten die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Kommis­sion in jedem Einzelfall kritisch prüfen. Bei tertiären Rechtsakten bedarf es eines Mentali­tätswandels.
  • Optionale Rechtssetzung nicht als primäre Integrationsmethode nutzen
    Optionale Rechtsakte begründen eine europarechtliche Parallelrealität zu den Rechtsord­nungen der Mitgliedstaaten und sind in ihrer integrativen Wirkung nur schwer steuerbar; als Regelungsinstrument der Europäischen Union sollten sie daher grundsätzlich die Ausnahme bleiben.
  • Informellen Trilog in formales Verfahren überführen u. nur als Sonderfall nutzen
    Zum immer stärker üblich werdenden informellen Trilog zwischen Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission existieren weder verbindliche Transparenzvorschriften und Verfahrensregelungen noch eine primärrechtliche Grundlage. Umstrittene Rechtsakte sollten besser im Rahmen des primär­rechtlich vorgesehen Verfahrens der zweiten Lesung zu einem Konsens geführt werden.
  • Prinzip des „think small first“ umsetzen
    Die Überarbeitung der Leitlinien zur Folgenabschätzung sollte das Prinzip „think small first“ noch stärker als bislang zur Maxime der Rechtsgestaltung machen.

10. Wo gibt es in der EU Verbündete für ein Mehr an Subsidiarität?

Gibt es in der EU überhaupt Verbündete für ein Mehr an Subsidiarität?

  • in Frankreich – eher Nein:
    Die zentralistische Tradition ist in Frankreich nach wie vor vorherrschend. Die durch Delors gelungene Übertragung zentralistischer Gewohnheiten Frankreichs auf die Europäische Union unterminiert aber neuerdings die Souveränität des französischen Staates und damit die Zustimmung der französischen Bevölkerung zur europäischen Einigung (EU-Ablehnung durch Front National und extreme französische Linke)[50].
  • in Großbritannien – vielleicht (soweit nicht als Bündnis-Partner wegen Brexit ausgeschieden):
    In der „Review of the balance of competences” der britischen Regierung sind Subsidiaritäts­prüfungen angelegt, die auch mit Interessen des deutschen Mittelstandes parallel gehen könnten[51]. Aber die britischen Bestrebungen zur Rückstufung der EU zu einer reinen Freihan­delszone sind für Kontinental-Europa nicht konsensfähig[52].
  • in Polen – eher Nein:
    Polen ist ein unitarischer Staat. Die nationale Souveränität steht im Vordergrund. Trotz der Katholizität Polens hat das für die katholische Soziallehre zentrale Subsidiaritätsprinzip kei­nen wirklichen Stellenwert. Verbündete wird Polen – so Ireneusz Pawel Karolewski (Universität Breslau) – vornehmlich in der Europäischen Kommission suchen, die bisher eher an Kompetenzausweitung als an Subsidiarität interessiert war[53].
  • in den Niederlanden – eher Ja:
    Die Ergebnisse der in den Niederlanden durchgeführten „subsidiarity review“ zeigen manche Parallelen mit deutschen mittelständischen Interessen. So ist die Skepsis gegenüber einer europäischen Harmonisierung der Systeme der Sozialen Sicherheit ähnlich ausgeprägt[54]. Aus niederländischer Sicht soll die EU mehr sein als eine Freihandelszone.
  • in Irland , in Luxemburg, in den skandinavischen Mitgliedsländern und in den baltischen Staaten - eher Ja

11. „Integration durch die Vordertür“: Mehr Europa auf existentiellen Feldern - Weniger Europa dort, wo Wettbewerb bewährter Systeme besser ist

Die funktionalistische  Methode Monnet, ökonomische Instrumente als Mittel der politischen Integration einzusetzen und damit politische Integration sozusagen „durch die Hintertür“ zu bewerkstelligen, stößt immer stärker an Grenzen. Es ist ein Fundamental-Widerspruch der bisherigen Integrationspolitik:  Einerseits  werden Währung  und Wirtschaftspolitik immer stärker  vergemeinschaftet (was tausend Dinge des täglichen Lebens berührt). Dabei ist für die unverändert  anstehende Rettung  der Währungunion keine zentralistische Wirtschaftsregierung erforderlich, „wohl aber eine Wirtschaftsverfassung im Sinne einer gemeinsamen regelgebundenen Politik“[55]  Andererseits hat bei den existentiellen Fragen der Außen-und Sicherheitspolitik nationale Souveränität unverändert absoluten Vorrang. Wer für Europa die politische Union will, muss ein Mehr an Europa im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik schaffen. Das fatale Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 muss revidiert werden. Notfalls müssen die sechs Gründerstaaten des europäischen Einigungswerks vorangehen. Das wäre „Integration durch die Vordertür.“[56]

Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehören seit jeher zu den selbstverständlichen Zustän­digkeiten eines Oberverbandes[57], aber nicht unbedingt eine immer detailreichere Öko-Design-Rechtsetzung. Auch für die Einwanderungs- und Energiepolitik ist ein Mehr an europäischen Zustän­digkeiten erforderlich. Dafür gibt es lt. Euro-Barometer sogar etwa 70 prozentige Mehrheiten der EU-Bürger[58]. Noch nie war so deutlich wie nach den Anschlägen von Paris und Brüssel 2015 und 2016, dass Polizei, Justiz und Geheimdienste auf europäischer Ebene nicht genügend zusammenarbeiten. Terrorismus ist ein grenzüberschreitendes Phänomen; seine Bekämpfung kann nicht wirksam von nationalen Instanzen allein wahrgenommen werden. Einzelne EU-Mitgliedstaaten sind hier überfor­dert. Die bisherigen EU-Zuständigkeiten zur Terrorismusbekämpfung nach Art. 75 AEUV reichen nicht aus. Deswegen benötigen wir ein europäisches FBI. Es gibt also genug Felder, auf denen ein Mehr an Kompetenzen europäischer Institutionen erforderlich ist. 

Es wäre gut, wenn europäische Eliten ihren Integrationsehrgeiz auf die Erweiterung europäischer Kompetenzen in den genannten Feldern konzentrieren würden. Gleichzeitig müssten sie aber auch damit Ernst machen, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seinen Ersten Vizepräsidenten Frans Timmermans bei Ihrer erklärten Absicht zu unterstützen, dem Subsidiaritätsprinzip in der eu­ropäischen Rechtsetzung Geltung zu verschaffen – ganz entsprechend der Antwort von Frans Tim­mermans an das Europäische Parlament: „Subsidiarity has to be at the heart of the European de­mocratic process. It is key to our objective of being „big on the big things and small on the small things[59]”. Es geht darum, aus Absichtserklärungen in Sonntagsreden Realität zu machen. Dazu gehört auch, den Wettbewerb bewährter unterschiedlicher Systeme der Mitgliedstaaten (z.B. bei der beruf­lichen Bildung und der Mittelstandsfinanzierung) nicht nur zuzulassen, sondern zu fördern. Denn dieser Wettbewerb der Systeme führt zu einem Mehr an Prosperität und Innovation. Nicht nur Un­ternehmen stehen im Wettbewerb, sondern auch Staaten mit ihren Ordnungen und institutionellen Regelungen[60]. Dieser Wettbewerb sollte nicht durch immer mehr Harmonisierung nach dem Muster „one—size-fits-all“ beseitigt werden[61]. Um diesen Auffassungen Geltung zu verschaffen, wäre ein Mentalitätswandel auf der Leitungsebene der EU-Kommission hin zu einer wirklichen Respektierung des Subsidiaritätsprinzips und der diesem Prinzip zugrundeliegenden Geisteshaltung sehr hilfreich. Solange aber die Anreizsysteme, unter denen die Entscheidungsträger der EU-Institutionen arbeiten, weiterhin Kompetenzausweitungen begünstigen, ist die Hoffnung auf grundlegende Änderung begrenzt. Auch deshalb ist die Stärkung europaweiter Subsidiaritäts-Netzwerke sowohl der mitgliedstaatlichen Parlamente als auch von Wirtschaft, Mittelstand und Zivilgesellschaft unverzichtbar. Udo DiFabio kommt zu folgender Schlufolgerung: „Das große Europa der 28 ....ist eine unverzichtbare Gemeinschaft, die von der Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit ihrer Mitglieder lebt, die nicht dem Geist bürokratischer Zentralisation folgt, sondern dem der klugen Koordination in einem fairen Rahmen zur Entfaltung eigener Stärken“.[62]

Subsidiarität als mögliche Leitlinie europäischer Politik ist alles andere als eine Defensiv-Konzeption. Subsidiarität aktiviert die gewaltigen Potenziale der dezentralen Einheiten überall in Europa. Subsidiarität ist deshalb ein Lebenselixier für das Europa der Zukunft. Ohne diese dezentralen Einheiten lässt sich ein Europa der Vielfalt nicht bauen.  Es gilt die schon zitierte Aussage von Wolfgang Ockenfels: „Wir müssen Europa wieder neu buchstabieren, und zwar nach dem Alphabet der Subsidiarität.“[63]

 

Quellen

[1] Wolfgang Ockenfels, Wie teuer ist uns Europa ?, in: Die Neue Ordnung, Nr. 6/2011, S.403
[2] Der nachfolgende Aufsatz stützt sich auf die Referate, die beim 6. Röpke-Symposium am 18. Februar 2014 in Düsseldorf gehalten wurden; s. Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), Welche Chancen hat Subsidiarität in Europa?, 6. Röpke-Symposium am 18. Februar 2014, Bd. 5 der Schriftenreihe des Kompetenzzentrums Soziale Marktwirtschaft der Handwerkskammer Düsseldorf, Düsseldorf 2014
[3] Rede des Vorsitzenden der CDU in der Britischen Zone, Konrad Adenauer, in der Aula der Universität zu Köln am 24. März 1946
[4] Peter Graf Kielmansegg, Wohin des Wegs, Europa ?, Beiträge zu einer überfälligen Debatte, Baden-Baden 2015, S. 7.; Peter Graf Kielmansegg, Europa: Perspektiven und Visionen, Europapolitischer Konvent der Jenaer Allianz zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft am 25. Oktober 2012 in der Handwerkskammer Füsseldorf, Düsseldorf 2013, S. 20
[5] Lt. Udo DiFabio hatten sich Föderalisten “mit Nachdruck der Dynamik der funktionalistischen Idee verschrieben, die eine fortschreitende sektorale Teilintegration bis zur staatlichen Einheit über Spill-over-Effkte erstrebte”. (Uo DiFabio, Integration am Wendepunkt. Europas Krisen – Europas Perspektiven, Vortrag beim Europa-Forum des Kompetenzzentrums Soziale Marktwirtschaft der Handwerkskammer Düsseldorf und des  Nordrhein-Westfälischen Handwerkstags (NWHT) am 12. April 2016 in Düsseldorf, als Manuskr. vervielfältigt, S. 12
[6] Walter Hallstein, Der unvollendete Bundesstaat, Düsseldorf u.a. 1969, S. 33 ff.
[7] Der Kontrast zu einer „Hegemonie durch die Macht des Stärkeren“ könnte nicht krasser sein. In der europäischen Geschichte hat es izum Unglück Europas immer wieder Versuche gegeben, der Hegemonie eines einzelnen Landes durch Einsatz von militärischer Macht zum Durchbruch zu verhelfen (s. hierzu: Ludwig Dehio, Gleichgewicht oder Hegemonie. Betrachtungen über ein Grundproblem der neueren Staatengeschichte, Darmstadt 1996)
[
8] Standard-Eurobarometer 84, Herbst 2015, Brüssel Nov. 2015, S. 6 ff.
[9] Holger Schwannecke, Europäische Zentralisierungsprozesse – Nutzen oder Schaden für dezentrale Strukturen der Wirtschaft ? – Das Beispiel des Handwerks, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 45 ff.
[10] Helmut Schatz (Hrsg.), Päpstliche Verlautbarungen zu Staat und Gesellschaft. Originaldokumente mit deutscher Übersetzung, Darmstadt 1973, S. 404 ff.; s. Anton Rauscher, Das Subsidiaritätsprinzip und seine Formulierung in “Quadragesimo anno”, in: Anton Rauscher (Hrsg.), Besinnung auf das Subsidiaritätsprinzip, Berlin 2015, S. 10.
[11] Udo Di Fabio, Europa am Wendepunkt: Wirtschaftsregierung oder Subsidiarität ? , in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), Welche Chancen hat Subsidiarität in Europa?, Düsseldorf 2014, S. 25; ähnlich für viele: Dieter Grimm, Subsidiarität und Föderalismus, in: Wolfgang Durner u.a. , Freiheit und Sicherheit in Deutschland und Europa, Festschrift für Hans-Jürgen Papier zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 57
[12] Jan Schnellenbach, Bremsen gegen EU-Zentralisierungsprozesse – Positionierung eines Ökonomen, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 107
[13] Jan Schnellenbach, Bremsen gegen EU-Zentralisierungsprozesse ? – Positionierungen eines Ökonomen, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 108
[14] Ebd., S. 108
[15] Thomas König , Das Spannungsverhältnis zwischen Subsidiarität und europäischer Gesetzgebung, in: Lars P. Feld, Ekkehard A. Köhler u. Jan Schnellenbach, Föderalismus und Subsidiarität, Tübingen 2016, S. 103 f.; Jan Schnellenbach a.a.O., S. 113
[16] Artikel 290 AEUV
[17] Jan Schnellenbach a.a.O., S. 113 f; Thomas König, a.a.O., S. 102
[18] Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator, a.a.O., S. 8 ff.
[19] Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator, a.a.O., S. 10
[20] Jean-Claude Juncker,Time for action – Statement in the European Parliament plenary session ahead of the vote on the College, Strasbourg, European Parliament plenary session - 22.Oktober2014
[21] s. The REFIT Platform – Structure and Functioning. Strasbourg 19.05.2015, C(2015)3260 final, S. 2
[22] Lt.cep-Studie ist die Zahl neuer Legislativvorschläge der EU-Kommission im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (also ohne tertiäre Rechtsakte) im Jahre 2015 (bis Ende November) gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2014 um 72 Prozent zurückgegangen (Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator, a.a.O., S. 6 f.) . Ob und wie sich diese Entwicklung – wenn sie anhalten sollte – künftig auf die Zahl neuer tertiärer Rechtsakte auswirken wird, bleibt abzuwarten. -
[23] Neuer Artikel 49 a „Gemeinsamer Ausbildungsrahmen“ sowie neuer Artikel 49 b „Gemeinsame Ausbildungsprüfungen“ der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationsystems („IMI-Verordnung“)
[24] Thomas Köster, Weiß Brüssel was es tut?, in: FAZ-Nr. 258/44 D 2 vom 5.11.2011, S. 10; s. Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2011 zum nationalen Rformprogramm Deutschlands 2011 und zur Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Deutschlands für die Jahre 2011 bis 2014 (2011/C 212/03), S. 12; 2015 u. 2016 konzentrieren sich die länderspezifischen Empfehlungen an Deutschland hinsichtlich des Dienstleistungssektors zunächst prioritär auf die Freien Berufe, aber der deutsche Meisterbrief als qualifikationsgebundener Gewerbezugang bleibt mittelfristig im kritischen Fokus der EU-Binnenmarktstrategie (s. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen, Brüssel 28.10.2015 COM(2015)550 final, S. 32 ff. u. S.36; s. auch: Commission Staff Working Document: Country Report Germany – Includung an In-Depth Review on the prevention and correction of macrooeconomic imbalances, Brussels 26.02.2016 – SWD (2016) 75 final, S. 54 ff.)
[25] Udo Di Fabio, Europa am Wendepunkt: Wirtschadtsregierung oder Subsidiarität ?,  a.a.O., S. 29f
[26] Die Vielzahl der Konzepte, deren sich die EU zur Harmonisierung im Binnenmarkt bedient, wird immer unübersichtlicher: s. Marcus Klamert, Altes und Neues zur Harmonisierung im Binnenmarkt, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW) 7/2015 v. 10. April 2015, S. 265 ff.; Klamert unterscheidet neben Herkunftslandprinzip und gegenseitiger Anerkennung u.a. Vollharmonisierung, Mindestharmonisierung, Teilharmonisierung, vertikale, sektorale u. horizontale Harmonisierung, optionale Harmonisierung sowie alternative/fakultative Harmonisierung.
[27] Dieter Grimm, Subsidiarität und Föderalismus, a.a.O., S. 57 f
[28] Ludger Schuknecht, Standpunkt: „Versicherung, die verunsichert“, in: FAZ-Nr. 32 v. 8. Februar 2016, S. 19
[29] Jan Schnellenbach, a.a.O., S. 110ff
[30] Klaus-Dieter Sohn/ Sebastian Czuratis, Subsidiaritätsprinzip mit Leben füllen, cepInput 04/2015, Freiburg 2015, S. 5
[31] Jan Schnellenbach, a.a.O., S. 114
[32] Jan Schnellenbach, a.a.O., S. 115
[33] European Parliamentary Research Service (EPRS), Zuordnung der Kosten des Nicht-Europas 2014 – 19, Referat Europäischer Mehrwert – Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments – PE 510.983, Brüssel: März 2014.
[34] Der Bericht der fünf Präsidenten: Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden, Brüssel, erstmals veröffentlicht am 22. Juni 2015
[35] Udo DiFabio, Europa am Wendepunkt: Wirtschaftsregierung oder Subsidiarität ?, a.a.O., S. 29 f.; Roman Herzog stellt schon 2013 folgende Frage: „Sollen dann wirklich 27 vollständige Haushaltspläne in „Brüssel“ gemacht werden, oder reicht es aus, einige zentrale Daten vorzugeben (Staatsquote, Mindestanteil der Investitionen, Höchstanteil der Personalkosten, Höchstanteil der Kreditfinanzierung usw.)?“, Roman Herzog, Zurück zu den Grundfragen der europäischen Integration !, in: Wolfgang Durner u.a. (Hrsg.), a.a.O., S. 82 – Kroatien trat zum 1. Juli 2013 als 28. Mitgliedstaat der EU bei.
[36] Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken u. Raiffeisenbanken und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband haben in einer gemeinsamen Pressemeldung vom 10. November 2015 folgendes zum einschlägigen Vorschlag im Bericht der fünf Präsidenten erklärt: „Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) sprechen sich entschieden gegen eine solche Vergemeinschaftung aus, die grenzüberschreitende Haftungspflichten ohne adäquate Möglichkeiten einer (Risiko-)Kontrolle und einen weiteren Schritt auf dem Weg in eine ungesteuerte Transferunion bedeuten würde ....Die Genossenschaftliche Finanzgruppe und die Sparkassen-Finanzgruppe sind nicht bereit, die zur Sicherung von Kundengeldern über viele Jahre angesammelten Mittel für die Einlagensicherung in anderen Ländern einzusetzen oder im Wege einer Rückversicherung eine Haftung für fremde Einlagensicherungssysteme zu übernehmen“
[37] s. hier und zum Folgenden: s. Jan Schnellenbach., S. 115 ff
[38] Rudolf Streinz, Bremsen gegen EU-Zentralisierungsprozesse – Positionierung eines Europarechtlers, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.) a.a.O., S. 100 ; s. hierzu auch: Michael Emerson (ed.), Britain`s Future in Europoe. Reform, renegotiation, repatriation or secession?, Centre for Euroean Policy Studies (CEPS), Brussels 2015, S. 136 ff.
[39] Rudolf Streinz, a.a.O., S. 96
[40] Rudolf Streinz, a.a,O., S. 96; Clemens Ladenburger, Anmerkungen zu Kompetenzordnung und Subsidiarität nach dem Vertrag von Lissabon, in: Zeitschrift für Europarechtliche Studien (ZeuS), Heft 3, 2011, S. 399
[41] Rudolf Streinz, a.a.O., S. 125
[42] Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator - EU-Gesetzgebung, Subsidiarität und demokratische Kontrolle - Eine Bestandsaufnahme, cep Studie Freiburg 2015, S.13
[43] Lt. Rudolf Streinz ist die “gelbe Karte” gegen den Entwurf der Monti-II-Verordnung (über die Ausübung des Rechts auf Durchführung kollektiver Maßnahmen im Kontext der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) erfolgreich gewesen. Die Kommission habe den Entwurf daraufhin zurückgenommen (Rudolf Streinz, a.a.O., S.96 f.)
[44] Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator, a.a.O., S. 12, S.13
[45] Rudolf Streinz, a.a.O., S.96 f.; Bert Van Rosebeke, Jährlicher EU-Indikator, a.a.O., S. 17 f.
[46] Rudolf Streinz, a.a.O.,S. 100
[47] Hier und zum Vorangehenden: Jan Schnellenbach, a.a.O., S. 118, S. 115 ff.
[48] Klaus-Dieter Sohn/Sebastian Czuratis, a.a.O., S. 14
[49] hier und zum Folgenden: Arbeitsgemeinschaft Mittelstand: 10 Maßnahmen für eine bessere Rechtssetzung in Europa, Berlin 2014, abgedruckt in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 184 ff.
[50] Christophe Braouet, Das Beispiel Frankreich, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 129; Dominik Geppert, Das Beispiel Deutschland, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), S. 153 f.; lt. Udo DiFabio sind die “konzeptionellen Unterschiede in Fragen der sogenannten Wirtschaftsregierung allein zwischen Frankreich und Deutschland .... enorm und werden von beiden Ländern  als identitätsstiftend angesehen.” (Udo DiFabio, Integration am Wendepunkt. Europas Krisen – Europas Perspektiven, a.a.O., S. 14)
[51] s. Michael Emerson (ed.), Britain`s Future in Europe, a.a.O., S. 139 f.
[52] s. Michael Wohlgemuth, Das Beispiel Großbritannien, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), S. 136 ff.
[53] Ireneusz Pawel Karolewski, Das Beispiel Polen, in: Handwerkskammer Düsseldorf (Hrsg.), a.a.O., S. 143, S. 148 f.
[54] s. Punkt 46 von “Testing European legislation for subsidiarity ans proportionality – Dutch list of points of action. Ministerie van Buitenlandse Zaken, 21.06.2013: https://www.government.nl/documents/policy-notes/2013/06/21/testing-european-legislation-for-subsidiarity-and-proportionality
[55] Wirtschaftsverfassung  statt Wirtschaftsregierung, Frankfurter Aufruf der Jenaer Allianz für eine ordnungspolitische Weichenstellung in Europa,  FAZ-Nr. 143 v. 22. Juni 2012, S. 12
 [57] Das wusste schon die ältere Finanzwissenschaft. Adolph Wagner z.B. spricht von einer Konzentration der Zuständigkeiten beim (zentralen) Staat auf dem Gebiet des „Rechts- und Machtzwecks“ ( u.a. Friedensbewahrung nach innen und außen, Polizei- und Wehrwesen); s. Adolph Wagner, Artikel „Staat in nationalökonomischer Hinsicht“, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. A., Jena 1911, Bd. VII, S. 733)
[58] Standard-Eurobarometer Nr. 83, July 2015, s. 34 ff., Standard Euro-Barometer Nr. 84, Herbst 2015, s. 30
[59] Frans Timmermans in den Anhörungen 2014 der Kandidaten für die neue EU-Kommission durch das Europäische Parlament am 7. Oktober 2014
[60] s. Horst Siebert, Vortrag zum Thema “Europa im globalen Wettbewerb”, gehalten am 4. Oktober 2006 in der Vertretung des Freistaats Bayern beim Bund in Berlin, als Manuskr. vervielf., S. 2/3
[61] s. Michael Wohlgemuth, Learning through Institutional Competition, in: A. Berg u. R. Höijer (Hrsg.), Institutional Competition, Cheltenham 2008
[62] Udo DiFabio, Integration am Wendepunkt. Europas Krisen – Europas Perspektiven, a.a.O., S. 16
[63] Wolfgang Ockenfels, Wie teuer ist uns Europa ?, a.a.O., S. 403

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