Matthias (l.) und Stephan Müller. In der auf Fenster- und Fassadenbau spezialisierten Großtischlerei sind viele Abläufe automatisiert.
Schwerpunktthema "Zweitausendfünfzig"Werkstatt 2025
In unserem neuen Geschäftsbericht mit dem Schwerpunktthema „Zweitausendfünfzig“ wollen wir einen Blick in die Zukunft wagen. Anlass dafür war, wie so oft, zunächst der Blick zurück: Wie die Handwerkskammer, die in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen feierte, sind viele unserer Betriebe schon seit Generationen am Markt und leben ihr Handwerk voller Leidenschaft. Wir waren neugierig: Was macht die Persönlichkeit dieser Menschen aus? Welche Umbrüche haben sie schon erlebt, und wie haben sie sich immer wieder neuen Entwicklungen angepasst? Was erwarten sie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten?
In einer Zeit, die immer mehr Menschen skeptisch in die Zukunft schauen lässt, haben wir viel Optimismus gefunden. Und immer wieder beeindruckende Kreativität, Engagement, Innovationsfähigkeit und Forscherdrang, und das in so unterschiedlichen Gewerken wie dem Uhrmacherhandwerk und dem Tiefbau, im Friseur- oder Maßschneiderhandwerk genauso wie im Kälteanlagenbau, der Sonnenschutztechnik, im Tischler-, Graveur- oder Metallbauerhandwerk. Alle diese Menschen, ob als Unternehmerin, Geschäftsführer oder Azubi tätig, repräsentieren die 61.000 Betriebe unseres Kammerbezirks.
Ausbildung, Diversität und Integration als Erfolgsfaktoren eines Neusser Tiefbauunternehmens.
Bodenständig oder weltoffen? Beides!
Da war schon der Firmengründer weitsichtig: Über den technologischen Fortschritt hinaus dachte Wolfgang Krah bereits in Generationen und wusste, ein regional verwurzeltes Bauunternehmen ist – bei allen Wachstumsambitionen – darauf angewiesen, selbst Fachkräfte auszubilden. Zumal die Berufe im Rohrleitungs- und Tiefbau oft „unter dem Radar“ potentieller Auszubildender laufen. Bei der L.T.G. versteht man es außerdem offenbar besonders gut, Mitarbeitende aus verschiedenen Ländern zu integrieren. Nur so ist der Erfolg zu erklären, für den heute die Geschäftsführer Torsten Krah und Ron Ritzer stehen. Die Firmengruppe beschäftigt inzwischen mehr als 400 Mitarbeitende und arbeitet deutschlandweit.
Uhrmacherhandwerk mit feiner Adresse in Düsseldorf.
Der Lauf der Zeit
Wer das prestigeträchtige Ladengeschäft der Firma Blome in bester Innenstadtlage auf der „Kö“ vor Augen hat, wird umso mehr stauen, wenn er die großzügige Uhrmacherwerkstatt „nebenan“ im Kö-Center betritt. 6 Uhrmachermeister und 2 Uhrmacher arbeiten hier und sichern die Qualität, auf die es im Luxussegment in erster Linie ankommt. Das Nicht-Alltägliche ist sowohl in der Ausstattung etwa der „Vintage-Lounge“ wie dem exklusiven Einkaufserlebnis zu finden, aber nach wie vor auch in der besonderen Faszination des Präzisionshandwerks. Dabei hat das Uhrmacherhandwerk im Laufe der Jahre einen starken Wandel durchgemacht. Das Traditionsunternehmen, 1947 durch Heinrich Blome gegründet, hat so mancher Negativentwicklung bisher getrotzt – und setzt auch weiterhin auf Ausbildung: Gleich zwei junge Auszubildende erlernen zurzeit bei Blome ihr Handwerk.
Engagiert: eine Sonnenschutztechnikerin aus Kaarst.
„Mich packt das dann!“
Von Vassiliki Werres-Vogels kann man lernen, auch in schweren Zeiten durchzuhalten. Mit fünf Jahren kam sie mit ihren Eltern aus Griechenland nach Deutschland, sprach kein Wort Deutsch. Doch es gab Lehrer, die sie unterstützten, und sie wurde Friseurmeisterin, machte sich selbstständig und war ehrenamtlich als Prüferin tätig. Um dann, mit Mitte fünfzig noch einmal von vorne anzufangen und eine Ausbildung zur Rollladen- und Sonnenschutzmechatronikerin zu absolvieren. Sie wollte sich das nötige Fachwissen aneignen, um sich in der Firma ihres Mannes stärker einzubringen. Wie die Unternehmerin mit viel Energie Herausforderungen und auch Schicksalsschläge meisterte, nötigt Respekt ab. Wie auch ihr Engagement für andere, etwa als Dozentin in der Meisterschule der Handwerkskammer.
In Hilden baut eine Firma für Kältetechnik an der Zukunft.
Mit kühlem Kopf
2025 stellt für die Firma Soeffing ein denkwürdiges Jahr dar: Nach 80 Jahren am Gründungsort Düsseldorf verwirklichte Axel Blasberg, seit 2011 Inhaber des seit 1919 bestehenden Unternehmens, den Neubau eines hochmodernen Technik-Campus im benachbarten Hilden. Seitdem wurde das nach hohen ökologischen Standards realisierte Konzept bereits mehrfach ausgezeichnet. Eine Vorreiterrolle nimmt das Unternehmen aber auch in seinem Kerngeschäft schon seit Langem ein: bei klimafreundlichen Kältelösungen. Und wen wundert’s, dass am neuen Standort auch beste Bedingungen für den Nachwuchs geschaffen wurden. Hier die jungen Talente auf ihren künftigen Berufsweg vorzubereiten, darauf freut sich Ausbilder Patrick Tilmes am meisten.
Wie sich ein Krefelder Graveurbetrieb zum Werbetechnik-Unternehmen entwickelte.
Wandlungsfähig
In den Räumen der Firma Sitterz merkt man: Das Unternehmen platzt aus allen Nähten. Gut, dass ein neuer Standort schon in Sicht ist: 2026 will Christian Sitterz mit seinem Betrieb in ein neues Gebäude im Krefelder Gewerbegebiet Fichtenhain umziehen. Mit Veränderungen hat die Familie Sitterz Erfahrung; vor fast 80 Jahren startete der Betrieb mit klassischen Gravierarbeiten, wurde dann von Franz-Josef Sitterz von seinem Ausbilder Gert Ixkes 1977 übernommen und vor 10 Jahren an seinen Sohn weitergegeben. Inzwischen hat sich nicht nur die Technik vielfach gewandelt, sondern es sind auch zahlreiche Geschäftsfelder im Bereich Werbetechnik dazugekommen: ob Drucke, Beschriftungen oder Folierungen. Auch Christian Sitterz selbst musste schwierige Entscheidungen über seinen beruflichen Werdegang treffen. Was ihn dabei immer bestärkt hat: der sichere Halt des Familienbetriebs.
Eine Großtischlerei in Essen setzt neue Maßstäbe im handwerklichen Fensterbau.
Im Wunderland
Was die Brüder Matthias und Stephan Müller mit ihrem Tischlerei-Unternehmen geschaffen haben, lässt sich nur mit Superlativen beschreiben. Das auf Fensterbau spezialisierte Unternehmen hat am Standort Essen-Borbeck aus der Not eine Tugend gemacht und auf begrenzter Fläche mit atemberaubendem Tempo und technologischer Raffinesse Effizienz und Produktivität in einem Maße gesteigert, wie es im handwerklichen Fensterbau bislang undenkbar war. Aufträge für Fenster aller Art, ob Sonderanfertigung für historische Gebäude oder Großbauvorhaben, können problemlos realisiert werden. Seit dem Frühjahr ist eine weitere Produktionsstätte in Bottrop dazugekommen. Hier fertigt man Fassadenelemente – und bleibt dem Innovationsanspruch treu: Automatisierung, Modularisierung, Qualität und Nachhaltigkeit. Man darf gespannt sein, welche unkonventionellen Ideen dem Unternehmergeist der beiden Essener noch entspringen werden …
Warum ein Friseursalon aus den 50er Jahren in Solingen Kult ist.
Retro in die Zukunft
Wie man zur „Marke“ wird, obwohl einige äußere Bedingungen dagegen zu sprechen scheinen? Ganz einfach: Man gibt sich selbstbewusst den Namen „Kultfrisör“ und pflegt seinen ganz eigenen (Retro-)Stil! So erklärt sich das Gesamtkunstwerk Karlheinz Höhmann, der in seinem Salon in Solingen, alles andere als verkehrsgünstig gelegen, inmitten einer Original-Einrichtung aus den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts seinem Beruf nachgeht. Ohne viel Aufhebens darum zu machen, arbeitet der 60-jährige Maestro am gleichen Platz und in der Tradition seines Vaters und seines Großvaters - die immerhin schon stolze 125 Jahre andauert. Chapeau!
Eine Maßschneiderin über ihre inspirierende Praktikumszeit bei einer französischen Designerin in Japan.
ボンジュール 東京 (Bonjour Tōkyō)!
Eine Zufallsbegegnung führte Tammi Seymour zu einem Auslandsaufenthalt in Japan, wo die Maßschneiderin zwei mehrmonatige Praktika bei einer aufstrebenden französischen Designerin absolvierte. Noch heute schwärmt die junge Frau, die zunächst ein Studium in Düsseldorf begonnen hatte, sich aber dann für eine Ausbildung in ihrem ursprünglichen Wunschberuf entschied, von dieser Zeit, in der sich für sie alles perfekt zusammenfügte: der kreative Kosmos eines kleinen Modelabels, das selbstständige Arbeiten, das Eintauchen in die japanische Kultur. Ihr Beispiel zeigt: Lernen und Arbeiten im Ausland ist keineswegs nur im Studium möglich, sondern eröffnet auch neue Horizonte während und nach der Ausbildung.
Am Niederrhein können sie alles – Handwerk, Wissenschaft, High-Tech!
Die Möglichmacher
Was die Firma Berger produziert, lässt sich mit einem Wort nicht sagen: Zu breit gefächert sind die Tätigkeitsbereiche des Unternehmens, das einmal mit handgefertigten Werbetafeln aus Holzbuchstaben angefangen hat. Es folgten Leuchtreklamen aus Neonlicht, Werbeschilder aus LED, Metallbau und Fassadenkonstruktionen. Am besten beschreibt es der Begriff „Sonderbauten“ – denn alles, was Berger im Bereich Glas, Licht und Metall fertigt, ist individuell. Vielfältig sind auch die beruflichen Hintergründe des Mitarbeiterteams – vom Metallbau über Glas-, Kunststoff- und Holzverarbeitung bis zur Elektrotechnik. Und alleine in drei Berufen wird in Kamp-Lintfort ausgebildet. Was das Unternehmen von anderen abhebt, ist aber vor allem der ungewöhnliche Forscherdrang: Als mittelständischer Handwerksbetrieb betreibt man eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung und führt wissenschaftliche Projekte in Kooperation mit Hochschulen durch. Diese Tradition wurde übrigens schon früh gelegt – vom Großvater des jetzigen Geschäftsführers Paul Berger.
Der Werkstattbericht als Download
Zahlen 2025 zur Handwerkskammer Düsseldorf
Handwerk gleich Zukunft? Ja, klar!
Video-Interviews mit Kammer-Mitarbeitenden