Grußwort von Dr. Thomas Köster anläßlich der Kolping-Diözesan-Versammlung am 14. Mai 2011 in der Handwerkskammer DüsseldorfHandwerk steht für Nachhaltigkeit

Von den drei Gründungsorten von Kolping lagen zwei im heutigen Bezirk der Handwerkskammer Düsseldorf.

Dies im Bewusstsein begrüße ich Sie herzlich im Zentrum der deutschen Wirtschaft hier im Hause der Handwerkskammer Düsseldorf. Wer heute die Texte von Adolph Kolping liest, ist unverändert beeindruckt durch die große Entschlossenheit, mit der sich Adolph Kolping der materiellen und moralischen Proletarisierung junger Handwerker entgegenstemmte. An erster Stelle stand für Kolping „die Gesinnungsreform“. Zur wahren Tüchtigkeit des Menschen gehörte für ihn, dass der Mensch an Leib und Seele tüchtig sei. Dazu wollte Adolph Kolping den jungen Menschen helfen, in dem er sie in eine sie stützende Umgebung brachte. Was dem Einzelnen zu schwer wird oder woran er oft verzagt – so führte Kolping aus – das gedeiht ohne Mühe, wenn gemeinsame Kräfte sich gegenseitig Stütze und Halt geben.

An die Seite der „Gesinnungsreform“ muss nach Adolph Kolping aber auch eine „Zuständereform“ stehen. Dabei geht es Adolph Kolping darum, ungerechte Zustände, die den einzelnen Menschen herabdrücken, zu beseitigen. Der Ernst, mit dem sich Adolph Kolping diesen Aufgaben stellte, geht auch heute noch zu Herzen. Das ist gerade heute, wo alles in Bewegung zu kommen scheint, was bis vor kurzem noch zuverlässig zu sein schien, von aller größter Aktualität. Wenn alles ins Rutschen kommt, dann ist nichts so wichtig wie Beständigkeit und Nachhaltigkeit. Hier ist das Handwerk (das ein Viertel aller Unternehmer, ein Sechstel aller Beschäftigten und ein Drittel aller Lehrlinge stellt) unverändert ein Anker der Stabilität. Deshalb möchte ich hier von diesem Forum die Nachhaltigkeitsdimensionen des Handwerks einmal kurz vor Augen führen:

  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit in der Werteorientierung. 85 Prozent der Handwerksmeister sagen: Ich möchte in meinem Leben etwas leisten, auch wenn das oft schwer und mühsam ist. Ganze 12 Prozent meinen: Ich möchte mein Leben genießen und mich nicht mehr abmühen als nötig. In der Gesamtbevölkerung sehen laut Allensbach nur 52 Prozent das Leben als Aufgabe, während annähernd 30 Prozent es vor allem genießen wollen. Im Handwerk herrschen oftmals genau die Werte nachhaltig vor, die eine Gesellschaft braucht, um überleben zu können. Aufgrund der Nachhaltigkeit seiner Werteorientierung sollte dem Handwerk eine noch wichtigere Rolle für die Werteorientierung unserer gesamten Gesellschaft zufallen
  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit in der Renditeperspektive: Eigentümerunternehmer stehen für Gewinnoptimierung und nicht für Gewinnmaximierung; sie stehen für Langfristigkeit und nicht für Kurzatmigkeit.
  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit im Finanzierungsverhalten: Verschuldensorgien sind nicht die Sache mittelständischer Unternehmer.
  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit in der Generationenfolge: Das Weitergeben des eigenen Unternehmens und des fachlichen Wissens und Könnens an die nächste Generation ist Teil der langfristigen Orientierung des Handwerks.
  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit im Ausbildungsverhalten: Nicht Training on the job, nicht Qualifikations-Kollagen, sondern Ausbildung über die gesamte Berufsfeldbreite in echten Berufen, im Betrieb und Berufskolleg ist das Geheimnis der nachhaltigen deutschen Qualifikations- und Soliditätskultur. In Spanien beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 44,6 Prozent, in Italien 28,6 Prozent, in Frankreich 20,5 Prozent und in Deutschland 8,2 Prozent. Ohne duales System keine niedrige Jugendarbeitslosigkeit und ohne Handwerk kein duales System.
  • Handwerk steht für Nachhaltigkeit in der Integrationsleistung: Das Handwerk weist mit einem Anteil von 16,7 Prozent Migranten einen fast doppelt so hohen prozentualen Anteil auf wie im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt (9,1 Prozent). In der Stadt Düsseldorf entspricht dies rund 1400 Handwerksunternehmen, 7552 Beschäftigten und rund 700 Auszubildenden.
  • Handwerk ist Nachhaltigkeit in der Mitarbeiterführung: Nicht hire und fire ist das Prinzip des Handwerks, sondern Wertschöpfung durch Wertschätzung qualifizierter Mitarbeiter, die den eigentlichen Schatz jeden Unternehmens ausmachen.
  • Handwerk ist Nachhaltigkeit in der Produktionsweise: Achtsamer Umgang mit den Werkstoffen und Werkzeugen sind für das Handwerk genau so selbstverständlich wie die Ressourcenschonung bei der Herstellung von Gütern und ihrer Reparatur, Wartung und Pflege. Dies entspricht einer uralten Tradition des Handwerks.
  • Handwerk bedeutet schließlich auch Nachhaltigkeit im Hinblick auf den Umweltschutz: 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs entfällt auf die Hauswärme im Gebäudebestand. Das heißt, Effizienzsteigerung in den Gebäuden ist ohne das Handwerk nicht möglich.

Diese Nachhaltigkeitsdimensionen des Handwerks sind ein Schatz für die gesamte deutsche Wirtschaft. Die Unternehmen des Handwerks und des Mittelstandes sollten deshalb von der Politik wenigstens nicht schlechter behandelt werden als die großen Kapitalgesellschaften mit ihrem Privileg der Haftungsbegrenzung. Adolph Kolping ist mit seiner Botschaft unverändert von enormer Aktualität. Wenn das Kolpingwerk nicht schon existierte, müsste es heute gegründet werden. Ich kann nicht besser schließen als mit dem alten Spruch des Handwerks: Gott segne das ehrbare Handwerk!

Köster Dr. Thomas HWK Düsseldorf

Dr. Thomas Köster

Stv. Leiter

Georg-Schulhoff-Platz 1

40221 Düsseldorf

Tel. 0211 8795-131

Fax 0211 8795-135

thomas.koester--at--hwk-duesseldorf.de